Abfallwirtschaft in kommunale Hand
Am 23. März 2014 wird im Ilm-Kreis der Bürgerentscheid "Abfallwirtschaft in kommunale Hand" durchgeführt, bei dem die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen sind, über die Rekommunalisierung der Abfall-Entsorgungsdienstleistungen im Ilm-Kreis zu entscheiden.
Eine Stimmabgabe ist möglich durch den Gang ins (Wahl-)/Abstimmungslokal am 23.03.14 oder durch die vorherige Anforderung der Abstimmungsunterlagen für eine Briefabstimmung. Nähere Informationen zu dem für Sie zuständigen Abstimmungslokal sowie zum Ablauf der Briefabstimmung entnehmen Sie bitte der Ihnen per Post von Ihrer Gemeindeverwaltung zugestellten Abstimmungsbenachrichtigung.
Der Bürgerentscheid bezieht sich in seiner Fragestellung auf zwei konkrete Kreistagsbeschlüsse (hier in Auszügen zitiert):
182/12 - "Auf die Neuausschreibung der Entsorgungsdienstleistung wird durch die Integration dieser Leistungen in den Abfallwirtschaftsbetrieb Ilm-Kreis (AIK) verzichtet."
273/13 - "Die Entsorgungsdienstleistungen […] sind im offenen Verfahren europaweit auszuschreiben und mit Leistungsbeginn zum 1. Januar 2015 zu vergeben. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Ilm-Kreises (AIK) wird beauftragt, verbindliche Bedingungen in der Leistungsbeschreibung zu formulieren, die dem Ilm-Kreis Eingriffs- und Steuermöglichkeiten sichern und zur Aufrechterhaltung bestehender Qualitätskriterien vergaberechtlich zulässig sind."
Wenn Sie beim Bürgerentscheid mit JA stimmen, entscheiden Sie sich für die Aufhebung des Beschlusses 273/13 und für die Reaktivierung des Beschlusses 182/12. Dies hätte eine Integration der Entsorgungsleistung in den kommunalen Abfallwirtschaftsbetrieb Ilm-Kreis (AIK) und somit eine Kommunalisierung zur Folge.
Wenn Sie beim Bürgerentscheid mit NEIN stimmen, entscheiden Sie sich für eine Beibehaltung des Beschlusses 273/13 und somit für eine europaweite Ausschreibung der Entsorgungsdienstleistungen.
Bitte beachten Sie: Durch weitere schriftliche Anmerkungen auf dem Stimmzettel oder durch Ihre Unterschrift würde der Stimmzettel ungültig gemacht. Bitte kreuzen Sie nur entweder JA oder NEIN an.
Finanzielle Auswirkungen des Bürgerentscheids
Stellungnahme der Landrätin des Ilm-Kreises
über die möglichen finanziellen Auswirkungen des Vollzugs des Bürgerentscheids auf den Kreishaushalt und die Finanzplanung gemäß § 17 Absatz 4 ThürKO
Eine direkte finanzielle Auswirkung auf den Kreishaushalt und die Finanzplanung ist durch den Bürgerentscheid nicht zu erwarten. Auswirkungen wird es auf die Wirtschaftspläne des Abfallwirtschaftsbetriebes Ilm-Kreis (AIK) und der Ilmenauer Umweltdienst GmbH (IUWD) geben.
Aufgrund des aufgetretenen Diskussionsbedarfs wurden weitergehende gutachterliche Stellungnahmen eingeholt, die bisherige Aussagen konkretisieren bzw. ersetzen. Die gutachterliche Stellungnahme ist als Anlage beigefügt.
Anlage zur Stellungnahme:
Finanzielle Auswirkungen einer Rekommunalisierung von operativen Entsorgungsdienstleistungen (Einsammeln, Transportieren und Betrieb eines Wertstoffhofes) im Ilm-Kreis (erstellt von der ECONUM Unternehmensberatung GmbH)
1. Ausgangssituation
Mit Bescheid der Landrätin des Ilm-Kreises vom 2. Mai 2013 wurde das Bürgerbegehren "Abfallwirtschaft in kommunale Hand" nach § 17 Abs. 3 ThürKO i. V. m. § 96a ThürKO zugelassen. Die Sammlungsfrist endete am 23. September 2013. Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 ThürKO i. V. m. § 96a ThürKO hat die Landrätin nach Prüfung der geleisteten Eintragungen dem Kreistag das Bürgerbegehren zur Entscheidung über die Zulässigkeit vorzulegen. Der Vorlage ist eine Stellungnahme über die möglichen finanziellen Auswirkungen des Vollzuges des (anschließenden) Bürgerentscheids auf den Gemeindehaushalt und die Finanzplanung beizufügen (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 ThürKO i. V. m. § 96a ThürKO). Stellt der Kreistag die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens fest, sind in dem Beschluss ebenfalls die finanziellen Auswirkungen des Vollzuges des (anschließenden) Bürgerentscheids auf den Gemeindehaushalt und die Finanzplanung darzustellen (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 4 ThürKO i.V.m. § 96a ThürKO). Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfes stellen der Beschluss des Kreistages und die Stellungnahme der Landrätin für den anschließenden Bürgerentscheid wichtige Kriterien für die Entscheidungsfindung der Bürger dar (vgl. GesEnt. v. 2. Mai 2008, DrS.: 4/4084).
Alternativ kann der Kreistag die Ergebnisse des Bürgerbegehrens "Abfallwirtschaft in kommunale Hand" auch anerkennen und ohne Durchführung eines Bürgerentscheides die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließen (vgl. § 17 Abs. 8 ThürKO i.V.m. § 96a ThürKO).
Die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme "Integration der Entsorgungsdienstleistungen in den Abfallwirtschaftsbetrieb Ilm-Kreis (AIK)" ist inhaltlich als sogenannte Rekommunalisierung zu bewerten.
Grundsätzlich ist eine derartige Rekommunalisierung auf 2 Wegen möglich:
1. Erbringung der Leistungen durch den Abfallwirtschaftsbetrieb des Ilm-Kreises (AIK) - Neubeschaffung des gesamten Anlagevermögens durch den AIK
Diese Variante resultiert aus der Annahme, dass der private Mitgesellschafter der Ilmenauer Umweltdienst GmbH (IUWD), die Fa. REMONDIS, weder dem Verkauf seiner Anteile noch des für die Leistungserbringung erforderlichen Anlagevermögens (Betriebshof, Fahrzeuge, Behälter usw.) zustimmt.
2. Erwerb der privaten Anteile an der IUWD GmbH
Mit einem Erwerb der privaten Anteile an der IUWD GmbH durch den Landkreis (ggf. den AIK oder die IUWD selbst) kann die Inhouse-Fähigkeit der IUWD hergestellt und der Geschäftsbetrieb dieser fortgeführt werden. Die Entsorgungsdienstleistungen werden in diesem Fall durch die IUWD als Eigengesellschaft des Landkreises durchgeführt.
Der Bearbeitung der Aufgabenstellung liegen die von ECONUM im Rahmen der "Konzeption für die künftige Gestaltung der Abfallwirtschaft und Neuausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen" (2011) und "Konzeption für die Erbringung der operativen Entsorgungsdienstleistungen" (Mai 2012) durchgeführten Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie deren Weiterführung im Jahr 2013 (im Folgenden Voruntersuchungen genannt) zugrunde.
Hier wurden auch die kosten- und gebührenseitigen Auswirkungen der Rekommunalisierung (Leistungserbringung durch den AIK) ausführlich dargestellt und mit prognostizierten Ausschreibungsergebnissen verglichen. Da alle betrachteten Varianten jeweils von der gebührenscharfen Einführung eines Behälteridentifikationssystems bei der Restabfallsammlung ausgehen, ist unabhängig von der Organisationsform künftig von einer erheblichen Kosten- und Gebührensenkung auszugehen.
Es wird aktuell davon ausgegangen, dass eine Rekommunalisierung der Leistungen zum 01.01.2016 umgesetzt werden könnte.
Zwischenzeitlich ist daher eine Neuausschreibung der Leistung Einsammeln, Transportieren und Verwerten des kommunalen Altpapiers (Leistungszeitraum 01.01.2015 - 31.12.2017 mit einer zweimaligen Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr) veröffentlicht worden, da der derzeitige Vertrag mit der Fa. REMONDIS zum 31.12.2014 ohne weitere Verlängerungsoption endet.
Die Rekommunalisierung des Einsammelns des kommunalen Altpapiers ist somit (vorbehaltlich einer Aufhebung dieser Ausschreibung) frühestens zum 01.01.2018 möglich. Eine Ausnahme davon würde eine erfolgreiche Beteiligung der IUWD an der Ausschreibung und ein nachfolgender Erwerb der privaten Anteile an der IUWD darstellen.
2. Ergebnisse
-
Ergebnisse (PDF, 17 kB)
3. Auswirkung einer Rekommunalisierung auf die Gebühren
Gemäß den Voruntersuchungen aus dem März 2013, welche die Kosten bei einer Leistungserbringung durch den AIK mit denen aus einer Ausschreibung (bei funktionierendem Wettbewerb) auf Preisniveau 2015 verglichen haben, ergeben sich zwischen beiden Varianten keine relevanten Unterschiede (jeweils 2,3 Mio. Euro/Jahr für Eigenleistungen, ohne Berücksichtigung der Altpapiersammlung). Dabei sind die Ausschreibungsergebnisse unter Berücksichtigung der vom Kreistag beschlossenen Mindest- und Zuschlagskriterien prognostiziert worden. Im Besonderen betrifft dies die Übernahme von IUWD-Personal, die Weiterzahlung der entsprechenden Löhne und die Einhaltung entsprechender Umweltstandards. Bei marktüblicher Entlohnung (Zahlung von Mindestlöhnen) würden die entsprechenden Kosten dagegen ca. 15 - 20 % unter den oben genannten Werten liegen.
Momentan betragen die Kosten für die vergleichbaren Leistungen dagegen ca. 3,1 Mio. Euro. Diese Differenz resultiert jedoch zum großen Teil aus der geplanten Einführung des Behälteridentifikationssystems und die damit verbundene Mengenreduzierung (0,5 Mio. Euro für Abfuhr und Behältergestellung).